Liquidität verbessern: den Lkw beleihen oder doch das Nettoumlaufvermögens gezielt steuern?

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Das Managen der Liquidität beschränkt sich oft auf die Konzentration auf Forderungen und Verbindlichkeiten und somit auf das Nettoumlaufvermögen. so können Logistiker die Liquidität verbessern.

Liquidität: das Stiefkind der Logistik

Die Liquidität erhöhen? Diesem Fakt wird meist erst dann Beachtung geschenkt, wenn das Nettoumlaufvermögen immer geringer wird. Wenn Verbindlichkeiten nicht mehr beglichen oder gar Personalkosten nicht mehr getragen werden können.

Das Thema der Liquidität wird in der Logistik häufig stiefmütterlich behandelt bzw. gerät es im Alltagsgeschäft und unter dem Druck, alle Aufträge erledigen zu können, in Vergessenheit. Doch wer wirklich leistungsfähig sein will und auch in Zeiten von Krisen seine Liquidität behalten möchte, muss neue Wege gehen.

Liquiditätsbeschaffung durch Beleihung

Eine Möglichkeit, die Liquidität zu verbessern ist es, wenn Spediteure einen oder mehrere ihrer Lkws bei einem spezialisierten Pfandhaus beleihen.

  • Vorteil: durch die Auszahlung des vereinbarten Betrags kann der Unternehmer seine Liquidität verbessern.
  • Nachteil: der Lkw verbleibt bis zur Auslösung auf dem Hof des Pfandhauses. Eine Nutzung des Lkw für Kundenaufträge ist hier nicht möglich.

Liquiditätsbeschaffung durch Sale and Lease back

Bei dieser Variante der Liquiditätsbeschaffung wird der Lkw nicht verpfändet. Der erste große Vorteil dabei: die Fahrzeuge stehen dem Unternehmen im Fahrzeugpool weiter zur Verfügung und können weiter zur Bedienung der Kundenaufträge genutzt werden. So wird das Tagesgeschäft durch die Liquiditätsbeschaffung nicht eingeschränkt.

Allerdings: die Möglichkeit, den Lkw zu Geld zu machen und ihn trotzdem weiter zu nutzen, bieten nicht alle Pfandhäuser an. Hier ist der Unternehmer gefragt, zu vergleichen.

Beim Sale and Lease back wird der Lkw vom Unternehmer an den Liquiditätsgeber verkauft. Doch der Lkw wird dort nicht auf dem Hof abgestellt, sondern direkt weitergenutzt. Möglich ist dies durch die „Lease back“-Komponente. Diese besagt, dass der Unternehmer das Fahrzeug zurückmietet. Somit ist der Sale and Lease back ein Rückmietverkauf. Zusätzlicher Vorteil für den Unternehmer: die Leasingrate kann steuerlich geltend gemacht werden.

Die Kreditlinien und die Schufa

Der Unternehmer kann durch die Lkw-Beleihung zudem seine Liquidität verbessern, ohne seine bestehenden Kreditlinien bei Banken und Kreditinstituten ausschöpfen und womöglich belasten zu müssen. So bleiben Reserven des Unternehmers unangetastet.

Wer als Einzelunternehmer tätig ist, kann über die Lkw-Beleihung die Liquiditätsbeschaffung ohne Kontakt zur Schufa umsetzen. Wünscht er zu einem anderen Zeitpunkt einen Privatkredit, wird er durch das Beleihen des Lkws nicht eingeschränkt.

Video: Tilgungsfreiheit in Förderkrediten, Liquidität verbessern

Lkw beleihen und ihn dennoch weiternutzen?

Wer als Unternehmer das klassische Pfandhaus vor Augen hat, der sieht seinen Lkw bereits auf dem Hof des Pfandhauses stehen. Da stellt sich gleich die Frage, wie der Fuhrbetrieb weiterlaufen und Erträge erwirtschaftet werden sollen, wenn wesentliche Betriebsmittel fehlen.

Die klassische Pfandleihe

Hier ist der Vorgang mit der Pkw-Pfandleihe vergleichbar. Der Autobesitzer bzw. der Eigentümer des Fahrzeugs geht zu einem ausgewiesenen Pfandleiher und bekommt für sein Fahrzeug einen entsprechenden Gegenwert. Er hat die Möglichkeit, das Auto nach einer festgelegten Zeit wieder auszulösen. Dies setzt voraus, dass nach Ablauf des Pfandvertrags die geliehene Summe zurückgezahlt werden kann.

Wird der geliehene Betrag nicht zurückgezahlt, ist der Pfandleiher berechtigt, den als Sicherheit hinterlegten Lkw zu verwerten, das heißt zu verkaufen. Davon ist der Eigentümer jedoch in Kenntnis zu setzen, sodass er immer noch die Möglichkeit hat, den Besitz an seinem Eigentum zurückzuerwerben.

Die Vorteile dieser Vorgehensweise liegen auf der Hand:

  • Liquidität erhöhen ohne Risiko
  • Eigentum am Pfand für vereinbarte Zeit beim ursprünglichen Eigentümer
  • Veräußerung des Pfandgegenstandes erst nach Rücksprache und abgelaufener Frist
  • kurzfristig bessere Liquidität
  • kein Eintrag in der Schufa
  • mehrfach möglich
  • Lkw beleihen mit Sicherheit

Bei der Lkw-Pfandleihe wird das Fahrzeug als Sicherheit beim Pfandhaus deponiert. Somit ist der Lkw ab dem Zeitpunkt der Übergabe bis zum Auslösen nach Ablauf des Pfandvertrags nicht mehr nutzbar. Auch dies muss in die Überlegungen einbezogen werden.

Wer seine Liquidität erhöhen möchte, setzt dennoch in der Regel auf Sicherheit. Diese ist beim Lkw Beleihen immer noch gegeben, denn der Pfandleiher erwirbt nicht direkt das Eigentum an dem Lkw. Die Veräußerung des Pfandes darf erst einen Monat nach Ablauf der Frist vorgenommen werden.

Spätestens sechs Monate nach Ende der Frist hingegen muss die Veräußerung, meist in Form einer Auktion, durchgeführt werden. Erzielt der Pfandleiher dabei einen Gewinn, ist er verpflichtet, diesen Gewinn an den eigentlichen Eigentümer auszuzahlen. Ist das nicht möglich, fließen die Gewinne in öffentliche Kassen, der Pfandleiher darf diese nicht einbehalten.

Wie viel Liquidität bringt das Beleihen des Lkws? Rund 80 Prozent des tatsächlichen Wertes kann man ansetzen. Bei anderen Gegenständen werden oft nur Pfandwerte zwischen 25 und 50 Prozent des tatsächlichen Wertes erreicht, Lkw sind deutlich höher zu bewerten.

Der Pfandleiher muss den Lkw auf einem gesonderten Stellplatz unterbringen. Für Logistiker, die ihre Liquidität verbessern willen, ein wichtiger Punkt: Für die Unterbringung auf diesem Stellplatz fallen Gebühren an. Diese werden als Standgebühren bezeichnet und beinhalten die Versicherung des Lkw, seine Pflege und Aufbewahrung. Die Kosten für eine Verpfändung sollten daher mit einberechnet werden, denn streng genommen schmälern sie die Liquidität wieder etwas.

Bei der Lkw-Pfandleihe wird das Fahrzeug als Sicherheit beim Pfandhaus deponiert. Somit ist der Lkw ab dem Zeitpunkt der Übergabe bis zum Auslösen nach Ablauf des Pfandvertrags nicht mehr nutzbar. Auch dies muss in die Überlegungen einbezogen werden. ( Foto: Shutterstock- Aleksandar Malivuk)

Bei der Lkw-Pfandleihe wird das Fahrzeug als Sicherheit beim Pfandhaus deponiert. Somit ist der Lkw ab dem Zeitpunkt der Übergabe bis zum Auslösen nach Ablauf des Pfandvertrags nicht mehr nutzbar. Auch dies muss in die Überlegungen einbezogen werden. ( Foto: Shutterstock- Aleksandar Malivuk)

Sale and Lease Back in der Realität

Das Sale and Lease Back stellt die Finanzierung mit Weiterfahroption dar. Um die Liquidität erhöhen zu können, kann die Beleihung des Lkw sinnvoll sein. Doch gerade kleine Unternehmen sind dabei hin- und hergerissen. Einerseits müssen sie für eine höhere Liquidität sorgen, andererseits sind sie nur arbeits- und einsatzfähig, wenn sie ihren gesamten Fuhrpark einsetzen können. Fehlt ein Lkw, können Aufträge nicht wie geplant abgearbeitet werden.

In Zeiten, in denen ohnehin ein Stillstand droht, weil keine Auslastung des Unternehmens vorhanden ist, stellt sich dies nicht als Problem dar. Der nicht im Fuhrpark befindliche Lkw konnte durch die vorübergehende Abgabe an den Pfandleiher, die Liquidität erhöhen und verursacht gleichzeitig geringere Kosten. Die Standgebühren sind oft niedriger als die üblichen Kosten für den Unterhalt des Fahrzeugs. Ändert sich die Situation für das Unternehmen, lässt sich der Lkw problemlos wieder auslösen, wenn der entsprechende Gegenwert beim Pfandleiher vorgelegt wird.

Ist der Logistiker aber darauf angewiesen, seine Liquidität verbessern zu müssen und ist trotz seiner Auslastung nicht in der Lage, Forderungen nachzukommen, ist die Pfandleihe nur kurzfristig eine gute Idee. Fällt der Lkw aus, fehlt dieser im Fuhrpark, die Aufträge müssen durch andere Lkw übernommen werden. Dies ist oft nur teilweise abzufangen.

In dem Fall kann das Modell des „Sale und rent back“ ideal sein. Das bedeutet: Der Pfandleiher kauft den Lkw auf und vermietet ihn anschließend an seinen eigentlichen Eigentümer zurück. Der Eigentümer ist nun wieder Besitzer und kann sein Unternehmen mit dem Lkw fortführen. Innerhalb einer vereinbarten Frist kann der Lkw auch wieder zurückgekauft werden.

Video: Liquiditätsplan ohne Excel Kenntnisse erstellen

Nettoumlaufvermögen wird kaum gesteuert

Nicht nur das große Thema der Liquidität wird in der Logistik eher stiefmütterlich behandelt, auch ein weiterer Punkt wird gern vernachlässigt. Es geht um das Nettoumlaufvermögen, das im Alltag eine untergeordnete Rolle spielt. Ein Fakt, der sich interessanterweise in Industrie und Handel nicht in dieser Art gestaltet.

Working Capital Management als Chance

Dabei sollte das Nettoumlaufvermögen eine genügende Beachtung erfahren, ist der Logistiker doch darauf angewiesen, dass Zahlungen pünktlich und vollständig eintreffen und dass die Einhaltung eigener Zahlungsziele zu einer reduzierten Kapitalbindungsdauer führt.

Vielfach sind Logistiker jedoch Experten in den fachlichen Prozessen und widmen diesen betriebswirtschaftlichen Betrachtungsweisen nur geringe Aufmerksamkeit. Im Gegenzug kann ein Unternehmer seinen Kunden Optionen zur Finanzierung als eine weitere Dienstleistung anbieten und so zusätzliche Erträge generieren.

Working-Capital-Management-Studie der Universität St. Gallen

Das Supply-Chain-Finance-Lab der Schweizerischen Post hat diese Prozesse bereits im Jahr 2014 zum Gegenstand einer Studie gemacht, die von der Universität St. Gallen durchgeführt wurde. Der Fokus der Untersuchung lag auf den Veränderungen der Wertströme, welche durch das niedrige Zinsniveau und die Digitalisierung der Industrie ausgelöst werden.

Unter den 140 Teilnehmern der Untersuchung fanden sich Logistiker, aber auch Unternehmen aus Industrie und Handel. Die Ergebnisse der Studie geben interessante Einblicke in laufende Entwicklungen und Benchmarks für Unternehmer.

Die Folgen der Niedrigzinsen

Eines der Studienergebnisse ist der vordergründig positive aber letztlich negativ wirkende Einfluss der niedrigen Marktzinsen. Das Zinsniveau erlaubt es den Unternehmen, dem Working Capital Management wenig Beachtung zu schenken. Dies hat zur Folge, dass das kapital im Unternehmen länger gebunden wird. So stieg die Bindungsdauer im Verlauf eines Jahres um zwei Prozent auf 87 Tage an. Dieser Mittelwert betrachtet allerdings die Gesamtheit der 140 Teilnehmer der Studie. Engt man den Fokus auf die Logistikdienstleister ein, so erkennt man erfreulicherweise eine mittlere Kapitalbindungsdauer von nur 34 Tagen.

Kritischer KPI: Days Sales Outstanding

Wesentlich kapitalintensiver als die Logistik ist seit alters her der Maschinenbau. Betrachtet man die Dauer bis zum Zahlungseingang – den sogenannten Parameter Days Sales Outstanding – kommt der Maschinenbau auf immerhin 67 Tage. Während die Logistiker sich bei der mittleren Kapitalbindung noch deutlich von anderen Branchen absetzen konnten, liegen diese mit 54 Tagen hier sehr vergleichbar. Dies macht auch deutlich, wie wichtig das Working Capital Management ist.

Kreditoren- und Debitoren-Management

Gerade kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) finden sich hier in einem Spannungsfeld wieder. Sowohl gegenüber Kunden wie auch gegenüber Zulieferern fehlt hier oft die nötige Stärke in der Marktposition, um vorteilhaftere Zahlungsziele zu vereinbaren.

Dies führt unmittelbar zu einer Erhöhung der Dauer der Kapitalbindung. Verstärkt wird der Effekt noch durch die geringe Aufmerksamkeit, welche man dem Working Capital Management schenkt. Gerade in fordernden Marktsituationen können so schnell Liquiditätsengpässe die Folge sein.

Fokus in der Digitalisierung

Die Digitalisierung und Automatisierung ihrer Zahlungsprozesse ist in vielen Unternehmen eine aktuelle Aufgabe. Die unternehmensweite Implementierung elektronischer Rechnungen ist jedoch als Voraussetzung für ein effizientes Working Capital Management anzusehen.

Das Internet of Things bringt hier ein Umdenken in vielen Bereichen mit sich. So ist eine automatisierte und dezentrale Entscheidungsfindung in vielen Bereichen ein anstehender Entwicklungsschritt. Mit Verfahren wie Predictive Analytics können Liquiditätsbedarfe berechnet werden.

Die Liquiditätssteuerung bis hin zur Inanspruchnahme von Krediten kann hier zum großen Teil automatisiert werden, Alternativen wie Fintechs können dem Unternehmen verfügbar gemacht werden. Auch so kann der Handlungsspielraum des Unternehmens erweitert werden. Für viele Unternehmen ist dies als Perspektive denkbar, ist man in der Gegenwart oft an die Hausbank gebunden.

Wandel in der Finanzierung kurzfristiger Forderungen

Fintechs sorgen für einen Wandel in der Finanzierung, nicht zuletzt auch kurzfristiger Forderungen. Online-Plattformen bieten hier Alternativen zu klassischen Angeboten der Banken. Die zunehmende Digitalisierung des Zahlungsverkehrs eröffnet den Logistikdienstleistern zunehmend die Nutzung der neuen Möglichkeiten.

Welche Optionen bleiben dem Logistikdienstleister?

Für Logistiker, die ihre Liquidität verbessern wollen, ergeben sich somit folgende Lösungsansätze:

  • Automatisierung und Digitalisierung der Zahlungsprozesse
  • neue Finanzierungslösungen über Fintech-Angebote
  • Lkw beleihen: Auch kurzfristig die Liquidität erhöhen
  • Sale and Lease back zur Liquiditätsverbesserung
  • Nutzung von kurzfristigen Krediten über Online-Plattformen
  • Management der Forderungen und Wandeln der Finanzierungsoptionen in ein Angebot an Kunden

Manchmal kommt es auf Schnelligkeit an. Es gilt, möglichst zügig die Liquidität erhöhen zu können, um kurzfristige Mehrausgaben oder auch laufende Kosten zu kompensieren. Darlehen sind dann nicht immer das Mittel der Wahl, denn Vorlaufzeiten in der Abstimmung mit den Finanzinstituten kosten oft wertvolle Zeit.

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