Fahrerkarte auslesen: Regelungen und Chancen für Unternehmen

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Für jeden Kraftfahrer, der gewerblich ein Kraftfahrzeug mit digitalem Kontrollgerät lenkt, gilt: Er muss die persönliche Fahrerkarte während der Fahrt mit sich führen. Darüber hinaus regeln klare Vorschriften, in welchen Abständen man die Fahrerkarte auslesen und die Archivierung der gespeicherten Daten von Fahrerkarte und Tachograph durchführen muss.

Aktuell: Der neue digitale Tachograph DTCO 4.0

Vorweg eine aktuelle Information: oft taucht die Frage auf, ob der neue Digitale Tachograph DTCO 4.0 die aufgezeichneten Lenk- und Ruhezeiten bei der Prüfung im Vorbeifahren überträgt. Dies kann man im Detail hier nach dem Videoclip nachlesen.

Eine Sache der Sicherheit

Ein LKW stellt alleine aufgrund seiner Masse ein besonderes Risiko im Straßenverkehr dar. Gleichzeitig gilt jedoch beim Transport auf der Straße allzu häufig die Maxime „Zeit ist Geld“ – eine brisante Kombination, die der Gesetzgeber durch besondere Vorschriften und Kontrollen einzudämmen versucht.

Die Vermeidung von Unfällen hat daher oberste Priorität – für Gesetzgeber und Unternehmer gleichermaßen. Das Einhalten der gesetzlich geregelten Lenk- und Ruhezeiten sowie der Geschwindigkeitsbegrenzungen sollen den Fahrer und alle übrigen Verkehrsteilnehmer schützen und schwere Unfälle vermeiden helfen.

Das regelmäßige Auslesen des Fahrtenschreibers und der Fahrerkarte ist daher eine wichtige Sicherheitsmaßnahme, um eine Kontrolle der dokumentierten Lenk- und Ruhezeiten durch Unternehmen und auch Behörden zu gewährleisten.

Inhalt

  1. Laxer Umgang mit der Fahrerkarte? Hier drohen Bußgelder! 
  2. Auch der Unternehmer ist in der Pflicht 
  3. Rechtliche Grundlagen für das Auslesen der Fahrerkarte 
  4. Wer den Fahrtenschreiber auslesen darf 
  5. Digitalisierung als Chance: Die neue EU-Tachographen-Verordnung 

1. Laxer Umgang mit der Fahrerkarte? Hier drohen Bußgelder! 

LOGISTICFACTS

Diese Bußgelder werden bei Fahren ohne bzw. ohne ordnungsgemäß funktionierende Fahrerkarte fällig (gemäß LASI)

Für das ordnungsgemäße Funktionieren oder die ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgerätes oder der Fahrerkarte wurde nicht gesorgt:
Fahrer 250 €/
Unternehmer 750 €

Schaublatt oder Fahrerkarte wurden nicht genutzt (je 24-Stunden-Zeitraum):
Fahrer 250 €

Fahrerkarte wurde nicht mitgeführt oder rechtzeitig zur Prüfung ausgehändigt (je 24-Stunden-Zeitraum):
Fahrer 75 € bei erschwerter Kontrolle/
250 € bei nicht erfolgter Kontrolle

Durch Verlust, Diebstahl, Beschädigung oder Fehlfunktion der Fahrerkarte vorgeschriebene Ausdrucke und Eintragungen konnten nicht durchgeführt werden (je 24-Stunden-Zeitraum):
Fahrer 75 € bei erschwerter Kontrolle/
250 € bei nicht erfolgter Kontrolle

Fahrt ohne Fahrerkarte länger als 15 Tage ohne Berechtigung fortgesetzt (je 24-Stunden-Zeitraum):
Fahrer 50 €

Der 24-Stunden-Zeitraum bedeutet: Wer nachweislich drei Tage lang ohne Fahrerkarte unterwegs war, zahlt nicht 250 €, sondern 750 €!

Quelle: LASI

Problematisch wird es dann, wenn Kontrollen dadurch erschwert werden, weil der Fahrer die Karte entweder gar nicht mitführt oder die Fahrerkarte oder das Kontrollgerät nicht ordnungsgemäß funktionieren.

Kann die Kontrolle nämlich nicht zeitnah durchgeführt werden, so drohen Bußgelder, die u.U. für den Unternehmer dreimal so hoch ausfallen können wie für den Fahrer. Die Bußgelder für Fahrten ohne Fahrerkarte finden sich in den „Buß- und Verwarnungsgeldkatalogen des Länderausschusses für Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik zum Fahrpersonalrecht“ (LASI).

Zwar wird bei Verstößen in den meisten Fällen der Fahrer zur Kasse gebeten. Doch unter bestimmten Voraussetzungen muss auch der Arbeitgeber mit einem Bußgeld rechnen, wenn einer seiner Mitarbeiter beim Fahren ohne Fahrerkarte erwischt wird.

Sofern der Unternehmer nämlich nicht
für die ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgerätes
oder der Fahrerkarte sorgt, wird auch für ihn eine Strafe fällig.

Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter über die gesetzlichen Regelungen aufklären und darf auf keinen Fall Anreize zur Manipulation schaffen. Bei erkennbar gezielten Manipulationsversuchen und einem vorsätzlichen Fahren ohne Fahrerkarte kann gemäß § 3 Absatz 4 der Bußgeldkatalogverordnung (BKatV) sogar das Doppelte des im Katalog ausgewiesenen Bußgeldes verhängt werden.

Das Fahren ohne Fahrerkarte ist allerdings nicht die einzige Manipulationsmöglichkeit, um gesetzeswidrig auf Kosten der Sicherheit Profite zu steigern. Die schwarzen Schafe der Branche dürften wohl eher auf der Unternehmerseite und nicht bei den Fahrern zu suchen sein.

Schätzungen gehen davon aus, dass etwa 40 Prozent der digitalen Kontrollgeräte in LKWs EU-weit manipuliert oder ganz abgeschaltet werden.

2. Auch der Unternehmer ist in der Pflicht 

Unternehmen sind zum regelmäßigen Auslesen und Archivieren der Fahrerkarten- und Massenspeicherdaten gesetzlich verpflichtet. Dieser Vorgang sollte jedoch nicht nur eine Routinemaßnahme sein, um der gesetzlichen Vorgabe nachzukommen.

Eine sorgfältige Überprüfung der gespeicherten Informationen bietet auch die Chance, mit den Fahrern ins Gespräch zu kommen und sie über die Bedeutung gesetzlicher Vorschriften aufzuklären. Da insbesondere die Fahrer von den Bußgeldern betroffen sind, haben diese schließlich ein Eigeninteresse daran, sich an geltendes Recht zu halten.

Ab dem 15. Juni 2019 werden zudem Kontrollen am fahrenden LKW möglich sein, wenngleich die Fahrerkarte nur im stehenden Lkw ausgelesen werden kann – ein weiterer Anlass, um auf die Wichtigkeit der Einhaltung von Vorschriften hinzuweisen. Denn nur wer als verantwortungsvoller Arbeitgeber im Austausch mit seinen Mitarbeitern steht, kennt die Gründe für Verstöße und Bedienungsfehler und kann entsprechend reagieren.

Auf folgende Auffälligkeiten sollte beim Auslesen der Fahrerkarte geachtet werden:

  • Gibt es Hinweise auf unbekannte Fahrten und Zeiten, bei denen keine Fahrerkarte eingesteckt war – und was ist der Grund dafür?
  • Gibt es Anzeichen für eine möglicherweise ungenehmigte Nebenbeschäftigung, da Kennzeichen unbekannter Fahrzeuge auftauchen?
  • Tauchen Daten von Fahrerkarten auf, die es eigentlich gar nicht geben sollte, z.B. weil der Fahrer zum fraglichen Zeitpunkt krank oder im Urlaub war? Oder gibt es Karten, die nicht legal eingesetzt wurden?
  • Sind die Massenspeicherdaten von Mietfahrzeugen vorhanden, die gegebenenfalls eingesetzt wurden?
  • Gibt es Hinweise auf Manipulationen an Fahrtenschreibern, z.B. durch einschlägige Störungsmeldungen, plötzlich ansteigende Geschwindigkeiten oder sonstige unplausible Daten?

Zeitnah angemessene Maßnahmen entwickeln

Fallen beim Auslesen der Fahrerkarte Unregelmäßigkeiten auf, so ist der Unternehmer in der Pflicht, zeitnah Maßnahmen zu entwickeln, um die Verstöße zu beseitigen. Der Arbeitgeber hat hier eine Vorbildunktion – die offene und vertrauensvolle Kommunikation mit Fahrern bzw. Disponenten trägt dazu bei, Abläufe gemeinsam zu hinterfragen, oberflächliches Wissen zu ergänzen und eine ganzheitliche Sicht zu vermitteln.

Auch ein Gespräch mit Verladern oder Kunden kann wertvolle Hilfestellung bei der Umgestaltung von Prozessen leisten. Schulungen zum Thema Lenk- und Ruhezeiten sowie zu allgemeinen Arbeitsvorschriften können sinnvolle Ergänzungen sein. Häufig sind Verstöße auch auf fehlerhafte Bedienung des Fahrtenschreibers zurückzuführen.

Daher sind Unternehmer gesetzlich verpflichtet, ihre Fahrer bezüglich der im Fuhrpark eingesetzten Geräte zu schulen. Dies schreibt die EU-Verordnung Nr. 165/2014 vor. Die Schulungsmaßnahmen sind zu dokumentieren und in die Personalakte zu übernehmen – kann der Unternehmer diese nämlich nicht nachweisen, haftet er uneingeschränkt für Verstöße seiner Fahrer.

3. Rechtliche Grundlagen für das Auslesen der Fahrerkarte 

LOGISTICFACTS

Folgende Pflichten* zur Dokumentation bestehen

Spätestens alle 28 Tage:
Auslesen und Archivieren der Daten der Fahrerkarte

Spätestens alle drei Monate:
Auslesen und Archivieren der Fahrzeugdaten

Die archivierten Daten müssen zusätzlich auf einem separaten Datenträger gesichert und ein Jahr lang aufbewahrt werden

*Nach den Vorschriften
VO (EG) Nr. 561/2006
VO (EWG) Nr. 3821/85
VO (EG) Nr. 1360/2002
FPersV

Verkehrssicherheit bedeutet Datenkontrolle. Deshalb dürfen die gespeicherten Informationen des Tachographen und der Fahrerkarte durch autorisierte Beamte von Polizei, Zoll oder dem Bundesministerium für Güterverkehr kontrolliert werden. Das bestimmt die EWG-Verordnung Nr. 3821/85.

Doch auch der Arbeitgeber hat bestimmte Pflichten, was das Auslesen und Archivieren der aufgezeichneten Informationen betrifft. Diese sind in § 2 der Fahrpersonalverordnung (FPersV) geregelt. Der Unternehmer muss gewährleisten, dass die Daten der Fahrerkarten spätestens 28 Kalendertage nach Aufzeichnung eines Ereignisses zur Speicherung im Betrieb kopiert werden. Dazu muss ein Auslesegerät oder eine andere Möglichkeit zum Auslesen der Daten im Unternehmen vorhanden sein.

Der 28-Tage-Turnus hat einen einfachen Grund: Die Speicherkapazität einer Fahrerkarte ist begrenzt, sie umfasst aber mindestens 28 Tage. Die Frist stellt sicher, dass keine Daten ohne vorherige externe Archivierung überschrieben werden können.

4. Wer den Fahrtenschreiber auslesen darf 

Um die Daten eines digitalen Tachographen auszulesen, sind entsprechende Kontrollgerätekarten erforderlich. Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) gibt vier verschiedene Karten heraus: Die Fahrerkarte, die Unternehmenskarte, die Werkstattkarte und die Kontrollkarte.

Infografik: Welche Daten speichert das KBA / Kraftfahrtbundesamt. Quelle: VDO

Infografik: Welche Daten speichert das KBA / Kraftfahrtbundesamt. Quelle: VDO

Fahrzeugführer eines LKW mit digitalem Tachographen müssen eine Fahrerkarte besitzen, um die Lenk- und Ruhezeiten aufzuzeichnen. Diese Informationen kann der Unternehmer von der Fahrerkarte auslesen. Natürlich ist auch der Fahrer selbst dazu berechtigt, die Informationen aus seiner Fahrerkarte auszulesen. Das Auslesen der Fahrerkarte oder des Fahrtenschreibers ist auch mit Hilfe eines Lesegerätes oder per Kabel und Terminal möglich.

Die Unternehmenskarte dient zum Ausweis eines Unternehmens, welches im Bereich des gewerblichen Güter- oder Personentransportes tätig ist. Darüber hinaus ermöglicht die Karte das Herunterladen von Informationen, die auf dem im Fahrzeug eingebauten Kontrollgerät gespeichert sind. Die Anzahl der Unternehmenskarten variiert je nach Größe des Betriebes.

Mit der Werkstattkarte ist die Prüfung und Reparatur bzw. Kalibrierung eines elektronischen Tachographen möglich. Auch Werkstätten können damit den Fahrtenschreiber auslesen.

Eine Kontrollkarte erhalten nur die Beamten der zuständigen Behörden – der Polizei, dem Zoll und dem Bundesministerium für Güterverkehr. Sie ermöglicht den vollen Zugriff auf die gespeicherten Daten, um die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten überprüfen.

5. Digitalisierung als Chance: Die neue EU-Tachographen-Verordnung 

LOGISTICFACTS

Daten, welche die Kontrollbehörden am fahrenden Fahrzeug auslesen können

  • Fahren ohne gültige Karte
  • Einstecken der Karte während des Lenkens
  • Letzter Versuch einer Sicherheitsverletzung
  • Längste Unterbrechung der Stromversorgung
  • Sensorstörungen
  • Datenfehler zu Weg und Geschwindigkeit
  • Datenkonflikt Fahrzeugbewegung
  • Zeiteinstellungsdaten
  • Kalibrierungsdaten einschließlich des Datums der beiden letzten Kalibrierungen
  • Das amtliche Kennzeichen des Fahrzeugs
  • Die vom Fahrtenschreiber aufgezeichnete Geschwindigkeit

Quelle: www.fleet.vdo.de/vdo-magazin/dtco-40/

Leider gibt es immer auch Spediteure, die nicht vor Manipulationen zurückschrecken und die übrigen Verkehrsteilnehmer dadurch in Gefahr bringen. Die Methoden der Trickser werden dabei von Jahr zu Jahr raffinierter, weshalb Polizeikontrollen häufig wie der berühmte Wettlauf von Hase und Igel enden – einer ist immer einen Schritt voraus.

Kontrollen kosten aber auch die Zeit und Nerven all jener Unternehmer, die sich gesetzeskonform verhalten. Eine ganz neue Generation digitaler Tachographen, die noch in 2019 zum Einsatz kommen wird, bietet die Chance, Betrügern schneller auf die Schliche zu kommen und somit die Abläufe insgesamt reibungsloser zu gestalten.

Zum 15. Juni 2019 müssen nämlich neu zugelassene Lastkraftwagen mit einer neuen Generation digitaler Tachographen ausgestattet sein. Der Einsatz der neuen Geräte wird durch die Umsetzung der EU-Verordnung 165/2014 ermöglicht. Diese soll zu mehr Sicherheit auf den Straßen, der Einhaltung verbindlicher Sozialstandards und der Sicherung des Wettbewerbs im europäischen Binnenmarkt führen.

Was in der Theorie gut klingt, wird in der Praxis durch den Einsatz neuer digitaler Techniken wie z.B. dem intelligenten Tachographen DTCO 4.0 von VDO umgesetzt. Den Kontrollbehörden wird ihre Arbeit durch die Möglichkeit der Nahbereichskommunikation deutlich erleichtert.

Manipulationen sollen durch die neue Generation digitaler Fahrtenschreiber nahezu unmöglich gemacht werden und auch Kontrollen im Straßenverkehr werden effizienter ablaufen:

Mit Hilfe der integrierten DSRC-Schnittstelle (Dedicated Short Range Communication) können nämlich bereits im Voraus Informationen abgerufen werden, d.h. die Kontrolle des Fahrzeuges kann bei laufender Fahrt erfolgen. Nach der Authentifizierung werden die Daten per Funk an den DSCR-Leser der Kontrollbeamten übermittelt.

Die Vorab-Kontrolle fragt die Fahrzeugdaten sowie eventuelle Informationen über Sicherheitsverletzungen oder Fehlfunktionen ab. Sollten dabei Unregelmäßigkeiten auftauchen, wird der betroffene LKW zur Kontrolle angehalten, um den Sachverhalt zu prüfen – eine „automatische Bestrafung“ nur aufgrund der übermittelten Daten soll es nicht geben.

Unternehmern und Fahrern, die sich vorschriftsgemäß verhalten, bietet die neue digitale Technik einen echten Vorteil: Sie sparen die Zeit der Kontrolle – im Durchschnitt 45 Minuten. Auch bei der Mautberechnung wird es Vereinfachungen geben.

Der Einsatz intelligenter digitaler Technik könnte also in Zukunft tatsächlich einen Beitrag dazu leisten, dass sich Ehrlichkeit unmittelbar auszahlt.

Weitere Quellen: stuttgart.ihk24.de


Bildnachweis: © shutterstock – Titelbild Frank11

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