Nachtsprung: Definition, Beispiele, Vorteile, Nachteile

0

Nachtsprung ist die Beförderung von Personen oder Gütern im Hauptlauf einer Transportkette in der Nacht. Dies geschieht als Nachtfahrt zum Ausnutzen der leereren Transportwege in der Nacht für einen beschleunigten Transport über eine große Strecke. Es sind in der Express-Zustellung vor allem Systemverkehre zwischen Hubs. Der Nachtsprung bringt sowohl Vor- und wie Nachteile mit sich.

Nachtsprung: Definition

logisticFACTSnotoc

Links im Artikelnotoc

DB Schenkernotoc

Hersteller MECOMOnotoc

Fachmagazinenotoc

Pressenotoc

Nürnberger Hafennotoc

Der Nachtsprung bezeichnet das Ausnutzen der vorteilhaften Verkehrssituation zwischen 21-22 Uhr und 6 Uhr morgens. In diesem Zeitfenster findet der Güterverkehr im Hauptlauf einer Transportkette statt. Tagsüber würde der Transport durch den dichten Verkehr nicht die gleiche Strecke zurücklegen können.

Vorteile des Nachtsprungs

Die Vorteile betreffen meist die Betrachtung der Verkehrssituation. Die Verkehrswege sind zumeist frei, was zu verkürzten Transportzeiten führt. Die Reduzierung der Transportzeiten bringt geringere Lohnkosten mit sich.

Ein tatsächlich relevanter Effekt ist der reduzierte Kraftstoffverbrauch, was die Umweltbelastung reduziert – und die Kosten senkt. Auch bestehen nachts weniger Parkplatzprobleme.

Wenn man einen Vorgriff auf die Nachteile wagt: mit einer Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene bringt der Nachtsprung einen großen Zugewinn, denn in Bahn-Nachtsprung (auf der Schiene) spart 150 Lkw-Touren tagsüber.

Der Nachtsprung verbindet weit auseinanderliegende Punkte, wie etwa den Lübecker Hafen und Nürnberger Hafen („Bavaria Shuttle“), die tagsüber nicht innerhalb von einem Tag verbunden werden könnten. Im Norden startet der „Bavaria Shuttle“ aus dem Intermodal-Terminal in Travemünde (Baltic Rail Gate) in Richtung Bayern.

Nachteile des Nachtsprungs

Tatsächlich erhöht der Nachtsprung den nächtlichen Verkehrslärm. Dies geschieht durch den Straßenverkehrslärm, den Schienenverkehrslärm und leider auch durch den noch intensiveren und krank machenden Fluglärm.

Weniger beachtet wird auch, dass die nächtliche Fahrt die Lkw-Fahrer stärker strapaziert. Der Biorhythmus des Menschen ist nicht für die Arbeit in der Nacht ausgelegt. Somit erkauft man sich die Vorteile mit der gesundheitlichen Belastung der Fahrer.

Infografik Nachtsprung im Expressversand "Istanbul nach Helsinki"

Infografik Nachtsprung im Expressversand „Istanbul nach Helsinki“

 

Beispiel: Der Nachtsprung im Straßenverkehr

Beim Nachtsprung im Lkw-Verkehr verlässt ein beladener Sattelzug oder ein Lkw mit beladenen Wechselbrücken am späten Abend das Speditionsgelände.

  • Nachtsprung mit vollständig ausgeführter Tour

    Im Nachtsprung, also der Fahrt in der Nacht, erreicht der Frachtführer mit seinem Fahrzeug den ersten Warenempfänger. Typischerweise stellt der Frachtführer dort den Sattelauflieger oder die Wechselbrücke ab. Nun gibt es zwei Möglichkeiten.

    Steht keine Fracht zur Übernahme bereit, fährt der Lkw wieder zum Ausgangsort zurück. Oftmals jedoch übernimmt das Fahrzeug am gleichen Ort einen anderen beladenen Sattelauflieger oder eine andere beladene Wechselbrücke auf und führt diese zu einem anderen Ziel.

  • Nachtsprung im Begegnungsverkehr

    Der Nachtsprung wird oftmals auch im Begegnungsverkehr ausgeführt. In diesem Fall begegnen sich zwei Lkw oder Sattelauflieger an einem Treffpunkt auf der Tour. Dort tauschen beide Fahrer den Sattelauflieger oder die Wechselbrücke. Anschließend verlassen beide Fahrzeuge den Treffpunkt in unterschiedliche Richtungen.

    Vorteil des Nachtsprungs im Begegnungsverkehr:

    Die Fahrer kehren so meist noch in der Nacht zum Ausgangsort der Fahrt zurück. So erspart man dem Personal einen Aufenthalt fernab des Standorts und des Wohnorts. Zudem vermeidet man so viele Leerfahrten.

    Nachteil des Nachtsprungs im Begegnungsverkehr:

    Nicht immer kreuzen sich zwei Routen tatsächlich. So ist es dann nötig, zum Erreichen des Treffpunkts die Route zu verlassen. Dies führt zu einer zeitlichen Verzögerung und zu einem Mehrverbrauch an Treibstoff. Zudem birgt das Verlassen der Autobahn des Nachts ein erhöhtes Unfallrisiko in der Dunkelheit.

  • Herausforderung für den Disponenten: Koordination beim Nachtsprung

    Sollen sich zwei Lkw, Wechselbrücken, Trailer oder generell Logistikobjekte in einem bestimmten Ort zu einem festen Zeitpunkt treffen, kann die Verkehrslage dazu führen, dass die Fahrzeuge sich verspäten und das minutengenaue Treffen nicht stattfinden kann. Der Disponent beim Logistiker oder im Industriebetrieb ist hier gefordert, nötigenfalls umzudisponieren, wenn sich eine Verspätung absehen lässt. Doch wie kann der Disponent wissen, ob eines der Fahrzeuge sich verspäten wird? Moderne Logistiker wie DB Schenker setzen eine Telematik zur Ortung von Wechselbrücken und anderen Logistikobjekten ein. Per GPS-Signal wird der Standort der Wechselbrücke genau festgestellt. Der Disponent kann dann mittels Software die „ETA“, die sogenannte erwartete Ankunftszeit (ETA = „Estimated Time of Arrival“) berechnen. Erkennt der Disponent so, dass das Treffen nicht stattfinden kann, besteht die Möglichkeit, das bereits wartende Fahrzeug neu zu disponieren. So werden die Ausfallzeiten aufgrund der Verkehrslage optimiert.

Beispiel: Der Nachtsprung im Eisenbahnverkehr

Der Nachtsprung im Eisenbahnverkehr wird auch gezielt dazu eingesetzt, Transporte umweltfreundlicher zu gestalten. So baut die Ersatzteillogistik der Porsche Holding seit 2020 auf einer Kombination von Bahntransporten für die Hauptlaufverkehre mit E-Transportern auf und mit LNG-Trucks (Flüssiggasantriebe) für die Feinverteilung.

Im Eisenbahnverkehr kommt noch eine weitere Komponente hinzu. Während auf der Straße der Begegnungsverkehr zumeist eine Wechselbrücke oder eine Sattelauflieger umsetzt, geht es beim Begegnungsverkehr auf der Schiene darum, Güterzüge neu zusammenzustellen oder Güter umzuladen. Das Mega-Hub Lehrte ermöglicht eine beschleunigte Umladung von Gütern mit einer besonderen Einrichtung. Dort ist der Umschlag weitgehend automatisiert. Mittels eines Portalkrans und AGV (batteriebetriebene, emissionsfreie und leise Automatic Guided Vehicles) werden die Bewegungen Portalkräne merklich reduziert. Die 400 Tonnen schweren Kräne nehmen ausschließlich Fahrten über den Zügen zum Aufnehmen und Absetzen der Container auf den Tragwagen vor. Jedoch wird die Strecke von einem Zug zum anderen auf dem Längsförderer zurückgelegt. Dort transportieren gummibereifte, fahrerlose Untersätze. Dieser Verzicht auf die langen Kranfahrten spart Energie und beschleunigt den Umschlag der Güter.

Kommt beispielsweise ein Überseecontainer aus Hamburg gegen 22 Uhr im Hub Lehrte an, wird er in oben beschriebener Weise umgeladen. Der Container verlässt um 3 Uhr auf dem Anschlusszug den Hub Lehrte und erreicht sein Ziel (in ganz Mitteleuropa möglich) noch am ­Morgen. Möglich macht dies die zusätzliche, aber zeitsparende Sortierung im Megahub Lehrte. Dies macht den Nachtsprung schneller und weitet ihn auf neue Verbindungen aus, die bislang durch den konventionellen und wesentlich langsameren Schienentransport bedient wurden.

Der Nachtsprung im Eisenbahnverkehr hat allerdings Geschichte, wird bald 100 Jahre alt und tatsächlich geht auf das Transportgut „Bücher“ zurück.

  • Ursprung des Begriffs

    Der Begriff Nachtsprung wurde im dem Jahr 1928 eingeführt. Damals führte die Reichsbahn Büchertransporte für den Barsortimenter Koehler & Volckmar durch. Dazu wurden an abendliche D-Züge, welche von Leipzig ausgingen, sogenannte Bücherwagen angehängt. Diese belieferten Buchhandlungen im gesamten Reichsgebiet.

  • Bedeutung des Nachtsprungs bei der Bundesbahn

    Bei der Bundesbahn bezeichnet der Nachtsprung die unterschiedliche Nutzung des Schienennetzes am Tag und bei Nacht. Des Tags steht das Schienennetz vorzugsweise den Personenzügen zur Verfügung. Nachts fahren weitaus weniger Personenzüge wie tagsüber. In dieser Zeit wird das Schienennetz von Güterzügen genutzt. Diese Verteilung führt zu einer effizienteren Auslastung des Schienennetzes der Bahn.

    Der Bahnpostverkehr mit dem Post InterCity greift die Leipziger „Tradition“ wieder auf.

  • Nachtsprung und Same Day Delivery

    In der Gegenwart hat sich der Nachtsprung als Standardverfahren für die Express-Zustellung etabliert. Hier ist dies der einzige Weg, eine Auslieferung bestellter Ware am Folgetag des Versands zu ermöglichen (= Same Day Delivery).

Beispiel: Intermodaler Nachtsprung im Paketversand

Paketdienstleister wie beispielswiese DPD oder DHL nutzen den Nachtsprung für den Transport der Pakete zwischen der Depots (Hubs). Hier liegt die Besonderheit vor, dass die Auslieferung der Pakete jeweils vom Hub aus durch andere Fahrzeuge erfolgt, also im Nachtsprung tatsächlich lediglich der Transport zwischen Hubs zu erfolgen hat.

Im Unterschied zum Frachtverkehr ist es beim Paketversand durchaus üblich, dass gerade auf langen Strecken beim internationalen Versand ein Großteil der Strecke per Luftfracht ausgeführt wird. Hier erfolgt nur der Transport zum und vom Flughafen per Lkw. National wird der Nachtsprung jedoch meist per Lkw ausgeführt.

Beispiel: der Nachtsprung im Buchhandel

Im Buchhandel betrifft dies neben der Belieferung des Einzelhandels vor allem den sogenannten Büchersammelverkehr der Barsortimente. Und genau hier liegt eine besondere Situation vor, da bei den Warenempfängern zum Zeitpunkt der Ankunft meist kein Personal vor Ort anzutreffen ist. In diesen Fällen besitzen die Speditionsunternehmen einen Zugang per Schlüssel zu den Räumlichkeiten des Einzel- oder Buchhandels. Oder es besteht eine Schleuse an den Geschäftsräumen, in welcher die Ware zugangsgesichert abgesetzt werden kann.

Lassen Sie eine Antwort hier